Die Western Ghats sind ein lang gestreckter Gebirgszug,
der den indischen Subkontinent nach Westen abschließt. Dort findet sich
ein großer Reichtum an Arten, doch der Bergbau bedroht die ökologisch
wertvollen Regionen.
Palmengesäumte Strände, azurblaues Meer und hochsommerliche
Temperaturen auch im Winter - das Urlaubsparadies Goa ist bei Reisenden
aus Europa und Nordamerika sehr beliebt. Kaum ein Besucher ahnt jedoch,
dass nur 50 Kilometer vom Strand entfernt, in den ehemals dicht
bewaldeten Western Ghats-Bergen, ein Ökozid gewaltigen Ausmaßes
stattfindet. An unzähligen Orten reißen schwere Maschinen den Boden auf
und bauen Eisenerz ab. Mit dem Export der roten Erde nach China verdient
Goa fast ebensoviel Geld wie mit dem Tourismus. Doch der Raubbau
fordert einen hohen Preis, meint der Ökologie-Professor Madhav Gadgil:
"Die Western Ghats und die Insel
Sri Lanka besitzen einen großen Reichtum an Arten, die nur hier
vorkommen. Die Western Ghats zählen daher zu den Hotspots des
Artenreichtums, 18 ausgewählten Regionen der Erde, die einen großen
Reichtum biologischer Arten besitzen, aber auch unter starken Einflüssen
durch die Spezies Mensch leiden. In den Western Ghats nimmt die
Naturzerstörung durch Infrastrukturprojekte, Bergwerke und
Industrieansiedlungen bereits bedrohliche Ausmaße an."
Der
Tagebau produziere ungeheure Mengen von Staub, der sich auf Dörfer und
Felder lege und die landwirtschaftlichen Erträge mindere, so der
Professor. Der Abraum werde während des Monsuns von heftigen Regenfällen
in Bäche und Flüsse gespült, schädige Fische und Krustentiere. Weil die
Minen das Grundwasser abpumpen, fallen die Brunnen vieler Bauern
trocken. Eine richterliche Untersuchungskommission stellte bei vielen
Bergbaufirmen grobe Gesetzesverstöße fest. Im Juni 2012 erließ die
Regierung daher ein Moratorium für den gesamten Bergbau in Goa. Viele
Anwohner sind damit sehr zufrieden, wie Madhav Gadgil bei einem Besuch
vor wenigen Wochen erfuhr:
"Viele
Menschen, die in der Nähe von Flüssen leben, waren regelrecht erstaunt,
wieviele Fische, Muscheln und Krebse sie jetzt, wo der Bergbau ruht,
fangen können. Sie sind sehr glücklich über die unverhoffte Bereicherung
ihres Speisezettels. Durch den Rückgang der Luftbelastung stiegen auch
die Erträge der Landwirtschaft."
Nachdem Umweltschützer
Alarm schlugen und Demos gegen weitere Kohlekraftwerke, Eisenerzminen,
Staudämme in den Western Ghats organisierten, beauftragte das
Umweltministerium in Neu-Delhi ein Expertenteam mit einer ökologischen
Bestandsaufnahme des gesamten Gebirgszuges. Mit der Leitung des
sogenannten ökologischen Expertenrats für die Western Ghats wurde Madhav
Gadgil beauftragt. Die Western Ghats seien Lebensraum nicht nur für
Tiger, Elefanten und mehrere bedrohte Affenarten, meint der Professor:
"Wohl
in kaum einer anderen Region der Welt finden sich so viele wilde
Verwandte bekannter Nutzpflanzen, wilder Pfeffer und Kardamom
beispielsweise, wilde Formen von Mango, Brotfrucht und vieler anderer
Kulturpflanzen."
Madhav Gadgil und sein Team legten im
August 2011 einen mehr als 500 Seiten starken Bericht vor. Die
Wissenschaftler empfehlen, um besonders wichtige Naturreservate
Pufferzonen einzurichten, in denen industrielle Aktivitäten stark
eingeschränkt würden. Dann müssten beispielsweise viele der
Eisenerzminen in Goa den Betrieb einstellen. Der Bericht rief Proteste
einflussreicher Interessengruppen hervor und verschwand rasch in den
Schubladen des Ministeriums. Bürgergruppen veröffentlichten das Dokument
jedoch im Internet und machen sich jetzt für eine Umsetzung der
Empfehlungen stark. Das Schicksal der Western Ghats ist noch nicht
entschieden.