Natur gegen BergbauRessourcenkonflikt im indischen Western-Ghats-Gebirge
Sonnengeflutete Strände und Palmenhaine: In Reiseprospekten erscheint das indische Goa als tropisches Ferienparadies. Von entwaldeten Hügeln und ausgetrockneten Bächen keine Spur. Doch die Kehrseite von Indiens wirtschaftlichem Aufstieg ist die Zerstörung kostbarer Naturressourcen. Betroffen sind auch die Western-Ghats-Berge an Indiens Westküste.
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In
Reiseprospekten erscheint Goa, das tropische Ferienparadies an Indiens
Westküste, mit sonnengefluteten Stränden und Palmenhainen. Grüne
Reisfelder erstrecken sich bis zum Horizont. Was die Prospekte nicht
zeigen, sind die entwaldeten Hügel im Hinterland, in denen riesige,
rotbraune Wunden klaffen.
"Zunächst hatten wir keine Ahnung, was
Bergbau eigentlich bedeutet. Aber als die Folgen spürbar wurden, als
unsere Wälder verwüstet wurden und die Bäche austrockneten, wachten wir
auf. Das ganze Dorf schloss sich zusammen und forderte die sofortige
Schließung der Minen."
Der junge Bauer und College-Student
Ravindra Velip wollte der Zerstörung seines Dorfes Cauverim nicht
tatenlos zusehen. Gemeinsam mit anderen Jugendlichen stieß er
Diskussionen in der Dorfgemeinschaft an. Die Bewohner beschlossen, dem
Bergbau Widerstand zu leisten. Mit Sitzblockaden vor Behörden und auf
den Zufahrtsstraßen erzwangen sie die Schließung der Bergwerke.
Dorfbewohner protestieren gegen Bergwerke
Ein
Spruch des Obersten Gerichtes führte 2012 zu einem Moratorium für den
gesamten Eisenerzbergbau in Goa. Damit verlor der kleine Bundesstaat in
Südindien einen großen Teil seiner Einnahmen, der mit dem Export von
Eisenerz nach China erwirtschaftet wurde. Die Bewohner von Cauverim
freut es, meint Ravindra Velip:
"Bald wurden die Flüsse wieder
klar und sauber, die Fischbestände erholten sich. In Cauverim nahmen
viele die Landwirtschaft wieder auf, wir kehrten zur alten
Wirtschaftsweise zurück."
Indiens Wirtschaft soll in den
kommenden Jahren um jeweils sieben Prozent wachsen, so will es die
Regierung. Die dazu nötigen Ressourcen wie Land, Wasser, Wald und
Mineralien werden jedoch zum großen Teil bereits genutzt. Überall im
Lande brechen daher Konflikte um kostbare Naturressourcen auf.
Paradebeispiel ist die Bergregion Western Ghats, die sich 1.500 km entlang der indischen Westküste erstreckt. Kurz nach der Jahrtausendwende machten Umweltschützer auf die alarmierende Zerstörung in den Western Ghats aufmerksam. Ohne deren artenreiche Wälder würden Südindiens Flüsse versiegen, mahnten sie.
Vielerorts demonstrierten
Dorfgemeinschaften gegen neu geplante Kraftwerke, Eisenerzminen und
Staudämme. Das Umweltministerium in Neu-Delhi beauftragte ein
Expertenteam mit einer ökologischen Bestandsaufnahme des gesamten
Gebirgszuges. Geleitet wurde es von dem Ökologie-Professor Madhav
Gadgil:
"Wir haben versucht, innerhalb eines begrenzten
Zeitrahmens eine möglichst umfassende, wissenschaftlich basierte
Bestandsaufnahme der ökologischen Situation in den Western Ghats zu
erarbeiten und den Menschen zugänglich zu machen. Wir wünschen uns, dass
Dorfräte und -versammlungen auf der Grundlage unseres Berichts
qualifizierte Entscheidungen über Nutzung und Erhaltung der natürlichen
Ressourcen in der Umgebung der Dörfer beraten und beschließen."
Schutzgebiete für die Erhaltung der Natur
Zur
Zeit bemühen sich Forstbehörden und Dorfgemeinschaften darum, solche
Schutzgebiete zu markieren. Dabei treten die Konflikte um eine Nutzung
des Landes offen zutage. Die demokratische Teilhabe der Bevölkerung wird
vielerorts missachtet oder gar von einflussreichen Interessengruppen
manipuliert, sagt die Archäologin und Umweltschützerin Saili
Palande-Datar, die in den Bergdörfern des Staates Maharashtra arbeitet:
"Lokalpolitiker,
Großgrundbesitzer und Investoren aus den Städten leisten Widerstand,
sie fürchten um ihre Pläne zur industriellen Entwicklung, zur
Erschließung von Erzminen etwa. Während öffentlicher Anhörungen erlebten
wir in vielen Dörfern, wie Politiker und auch Beamte die Menschen mit
falschen Behauptungen verwirren.
Sie versuchen, den Leuten
weiszumachen, dass jegliche Nutzung von Wäldern und Äckern verboten
würde, wenn sie der Einrichtung von Schutzgebieten zustimmten. Das ist
absurd, eine Art von Gehirnwäsche!"
Die Western Ghats und ihre
einzigartige Fauna und Flora können auf Dauer nur überleben, wenn es
gelingt, einen Kompromiss zwischen Nutzung und Bewahrung der Bergwelt zu
finden.