Red. Zeitgeschehen

Kirsten Pape

 

 

 

„Die Industrieländer sind für den Klimawandel verantwortlich!“

 

Gespräch mit einem prominenten Umweltschützer aus Indien

Von Rainer Hörig, Pune

 

Autor:

Das Kyoto-Protokoll verpflichtet nur die hochentwickelten Länder zur Reduktion ihrer Emissionen. In späteren Klimaverträgen müssten jedoch auch die großen Schwellenländer in die Pflicht genommen werden, heisst es in Berlin und Washington, denn in der Zukunft würden deren Emissionen immer weiter ansteigen. In Indien stößt diese Forderung auf Unverständnis, sogar Empörung. Umweltschützer und Regierung sind sich einig: zunächst sollten die hochindustrialisierten Länder ihre Emissionen drastisch senken. Chandra Bhushan, stellvertretender Direktor des Zentrums für Wissenschaft und Umwelt in Neu Delhi argumentiert:

 

Take 1: Bhushan 272 ( India’s current emissions ..... 300 Mio. people.”)

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Zitator:

„Indiens Emissionen machen heute gerade einmal vier Prozent der globalen Emissionen aus. Sie erkennen: Selbst wenn Indien seine Emissionen vollständig stoppen könnte, für das Weltklima würde das kaum einen Unterschied machen. Allein die USA aber verursachen 26 Prozent aller schädlichen Emissionen.“

 

Autor:

Indien pocht darauf, das im internationalen Klimapoker der Faktor Bevölkerungsentwicklung nicht vernachlässigt wird. Schon während der internationalen Umweltkonferenz in Rio de Janeiro 1992 forderte Bhushan’s Öko-Institut, eines der ältesten und einflussreichsten im Lande, dass jedem Erdenbürger, Indern wie Amerikanern, das gleiche Recht auf Verschmutzung der Erdatmosphäre zustehen müsse. Chandra Bhushan macht eine simple Rechnung auf:

 

Take 2: Bhushan 485/471 „If we divide......by twelve times.“

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Zitator:

„Wenn wir die Absorbtionsfähigkeit der Erdatmosphäre in Tonnen Gas beziffern und auf die Zahl der Weltbürger verteilen, so liegt die Grenze der Klimaverträglichkeit bei 2 Tonnen pro Kopf. Indiens pro-Kopf-Ausstoß liegt bei 1,2 Tonnen im Jahr. Ein US-Bürger produziert dagegen 22 Tonnen, ein Deutscher fast 10. Wir in Indien haben also noch 40 Prozent Spielraum, unsere Emissionen zu steigern, während die Deutschen ihr Limit um das fünffache übertreffen, die Amerikaner gar um das zwölffache.“

 

Autor:

Bereits heute sind die Folgen des Klimawandels in Indien zu spüren. Die Monsunregen fallen weniger regelmäßig, verursachen Überschwemmungen und Dürren. An den Küsten steigt der Meeresspiegel, gleichzeitig häufen sich extreme Wetterereignisse wie Sturmfluten. Im Himalaya-Gebirge schmelzen die Gletscher, die Asiens große Flüsse speisen. Indien muss sich auf Hungersnöte und Flüchtlingsströme vorbereiten. Es hat also ein mehr als dringendes Interesse an einer Begrenzung der Folgen des Klimawandels. Die Regierung hat Gesetze zur Reinhaltung der Luft erlassen, die Abgasnormen für Autos verschärft und ein ambitiöses Programm zur Förderung erneuerbarer Energien aufgelegt. Der Smog in indischen Städten und die Rauchsäulen der vielen Kohlekraftwerke sprechen allerdings noch eine andere Sprache. Indien könnte mehr zum Schutz des Klimas tun, meint auch Chandran Bhushan. Sein Institut setzte immerhin die Umstellung von Bussen und Kleintaxis in Neu Delhi auf klimafreundliches Autogas durch. Aber der Umbau etwa der Energiewirtschaft, weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Quellen, ist teuer. Die Gesetze des Marktes favourisieren die Kohle, die in Indien reichlich vorhanden ist. Der Umweltschützer fordert daher massive internationale Unterstützung für sein Land:

 

Take 3: Bhushan 338 (“Developed world ........going to happen.“)

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Zitator:

„Wenn Ihr wollt, dass wir mehr für eine Begrenzung der Emissionen tun, was wir gern tun würden, dann brauchen wir eine globale Partnerschaft. Auf der Basis von Gleichbehandlung, innerhalb derer saubere Technologien weitergereicht und finanziert werden. Nur so können wir den Entwicklungssprung hin zu sauberer Technik schaffen. Aber wenn Sie von Indien erwarten, diese Last aus eigener Kraft zu stemmen, so sage ich Ihnen: Das wird nicht geschehen!“